Nehmen eine klare Position gegen die Handy-Nutzung an Schulen ein: (v. li. n. re.) Schulamtsdirektor Stefan Wolf, Schulamtsdirektorin Ulrike Ebner, Schulrat Andreas Fischer und Landtagsabgeordneter Dr. Stefan Ebner.
Ein generelles Handy-Verbot an Schulen kann vielfältige positive Effekte haben, zeigte MdL Dr. Stefan Ebner sich zu Beginn des Austauschs mit den Vertretern der Staatlichen Schulämter Freyung-Grafenau und Regen überzeugt. "Von messbaren Leistungssteigerungen über weniger Ablenkung im Unterricht bis zu einem besseren Sozialklima in den Klassen weisen empirische Untersuchungen eine Vielzahl von positiven Effekten strengerer Regelungen aus", wie der Landtagsabgeordnete darstellte. "Die Vorstellungskraft leidet unter der ständigen Bildschirmnutzung", sagte Dr. Ebner. "Wenn ich ein Buch lese, in dem jemand ein altes, verlassenes Haus betritt, entsteht das Bild dazu in meinem Kopf: Ich entscheide, wie es aussieht, wie es riecht, wie es sich anfühlt. Im Film ist das Haus bereits komplett vorgegeben. Meine Fantasie hat keinen Raum mehr. Für Kinder in der Entwicklungs- und Lernphase wäre das enorm wichtig."
Auch Schulamtsdirektor Stefan Wolf befürwortet ein umfassendes Smartphone-Verbot im Klassenzimmer: "Mobiltelefone sind die Hauptquelle für Ablenkungen und Unterbrechungen. Ein Nutzungsverbot schafft Raum für fokussiertes, ungestörtes Lernen und führt zudem zu mehr direkter Kommunikation im Klassenverbund." Im Übrigen machte Wolf klar: "Kinder unter zwölf Jahren benötigen kein Smartphone!" Schließlich werde die Notfallkommunikation über schulische Kanäle sichergestellt.
Schulamtsdirektorin Ulrike Ebner ergänzte, dass klare Grenzen im digitalen Alltag nicht nur der individuellen Entwicklung, sondern auch dem sozialen Miteinander entscheidende Impulse gäben. Eine Augsburger Studie zeige, dass der Wegfall digitaler Endgeräte das Gemeinschaftsgefühl stärke und das soziale Wohlbefinden der Schüler verbessere. Stimmkreisabgeordneter Dr. Ebner betonte zudem: "In den Schulen sollte man die Pausen ohnehin lieber zum Bewegen nutzen oder mit Freunden sprechen, anstatt am Handy rumzuspielen." "Medienkompetenz ist heute eine herausragende Schlüssel-kompetenz. In Zeiten der künstlichen Intelligenz ergeben sich ganz andere Anforderungsprofile", bestätigte auch Schulamtsdirektor Wolf.
Schulstruktur und Lehrerversorgung im ländlichen Raum
Das Staatliche Schulamt Freyung-Grafenau wird zusammen mit dem Staatlichen Schulamt Regen in Personalunion geführt. Wie Schulamtsdirektor Stefan Wolf, der als fachlicher Leiter beider Schulämter fungiert, aufzeigte, ergeben sich aus dieser rechtlichen Konstellation besondere Herausforderungen: "Als formal getrennte Schulämter verfügen wir beispielsweise über zwei vollkommen eigenständige und nicht kompatible EDV-Systeme." Diese doppelten Strukturen seien nicht selten auch mit einem doppeltem Aufwand verbunden, ergänzte Ulrike Ebner, stellvertretende fachliche Leiterin beider Schulämter. "Das Problem beginnt mit der fehlenden Kompatibilität von E-Mail-Adressen und Kalendern und zieht sich bis zur Doppelstruktur bei Dienstkonferenzen und Fortbildungen wie ein roter Faden durch unser tägliches Arbeiten", wie Ebner veranschaulichte.
Eine Lösung dieser Problematik sei indes nicht absehbar, wie Schulrat Andreas Fischer auf Rückfrage des Landtagsabgeordneten ausführte: Die beiden Schulämter müssten von ministerieller Seite rechtlich vereinigt werden. Erst dann wären erste Schritte der Vereinheitlichung und strukturellen Zusammenführung sowie möglicherweise auch die – aus Sicht der Verbesserung der Arbeitsabläufe sinnvolle – Schaffung einer gemeinsamen Dienststelle denkbar. Bislang pendelt der gesamte Personalkörper zwischen den beiden Standorten in Freyung und Regen und ist jeweils hälftig für die beiden rechtlich, räumlich und in der Sachaufwandsträgerschaft getrennten Schulämter tätig.
Der CSU-Landtagsabgeordnete erkundigte sich weiter über die gegenwärtige Schulstruktur in den beiden Schulamtsbezirken sowie die Frage der Lehrerversorgung im ländlichen Raum. Schulrat Andreas Fischer wies diesbezüglich auf eine demographische Schieflage hin: "Lehrkräfte gibt es nicht mehr wie Sand am Meer. Gleichzeitig sinken allen voran an kleinen Grundschulen die Schülerzahlen." Dies führe zunehmend zu strukturellen Problemen, da kleine Standorte eine überproportional hohe Anzahl an Lehrerstunden binden, wodurch an größeren Standorten die Klassenstärken zunehmen und zugleich die Breite der musikalischen, kulturellen und sportlichen Angebote reduziert werden muss. Dieser Entwicklung könne man beispielsweise durch eine Änderung der Systematik bei der Zuteilung von Lehrerstunden entgegenwirken. "Würde man die Zuteilung klassen- statt schülerbezogen gestalten, fiele die Übervorteilung von Klein- und Kleinststandorten etwas geringer aus", so Fischer.
Langfristig könne die Bestandsgarantie für Kleinstschulen aber in keiner Konstellation gehalten werden, zeigte sich Schulamtsdirektorin Ebner überzeugt. Kleine Klassen und kleine Schulen seien zwar pädagogisch wertvoll, strukturell aber zunehmend systembelastend. "Gerade weil sich das Umfeld der Kinder und Jugendlichen zunehmend wandelt und die Anforderungen an die Schulen als Lern- und Lebensraum kontinuierlich steigen, müssen wir größere Strukturen schaffen, welche dann die notwendigen Kapazitäten haben, um der Heterogenität der Schüler angemessen Rechnung zu tragen", forderte Ulrike Ebner. Sie plädierte für funktionale Einheiten mit zweizügigen Klassenstufen, in denen dann auch genügend Raum für individuelle Förderung und Angebote jenseits der Stundentafel, allen voran in kreativen Bereichen, bestehe. Schulamtsdirektor Wolf ergänzte, dass diese Pluralität der Angebote auch der Intention verschiedener Schulverbünde entspreche. In der Praxis würde die Umsetzung aber zu oft aufgrund weiter Distanzen zwischen den Standorten und kommunalpolitischen Widerständen gegenüber strukturellen Maßnahmen scheitern.
Pädagogische und gesellschaftliche Perspektiven haben sich gewandelt
Schulamtsdirektor Wolf regte weiter eine grundlegende Neuinterpretation des Fächerkanons an: "Medienerziehung, Wirtschaftskompetenzen und Alltagsfertigkeiten sollten heute genauso fest im Lehrplan verankert sein wie Lesen, Schreiben und Rechnen." Er warnte vor einer Überforderung von Schulen und Lehrkräften durch eine zunehmende Heterogenität in der Schülerschaft und sprachliche Defizite in allen Schichten. MdL Dr. Stefan Ebner schloss sich dieser Auffassung an und resümierte: "Unser Schulsystem muss sich schneller wandeln, um den gestiegenen Erwartungen von Eltern und Gesellschaft gerecht zu werden." Schulamtsdirektor Wolf unterstrich dies und betonte, dass nicht nur das allgemeine Lebensumfeld von Schülern und Eltern komplexer und stressiger geworden sei, sondern dass der Erziehungsauftrag in vielen Fällen faktisch an die Schulen abgegeben wurde. Auch habe sich der gesellschaftliche Wertekanon fundamental geändert, weshalb Schule auch zunehmend Orientierung geben und einen staatsbürgerlichen Konsens vermitteln muss.